FranzFelix, schau mal, was ich in meinem Beutel gefunden habe. - Frankenwein, von der Sonne verwöhnt.
FelixHer damit. (Er trinkt)
FranzIst das alles. was du einem Freund zu sagen hast? He, lass noch was drin!
FelixWunderbar, köstlich, Jetzt geht es mir langsam besser. Roter Wein rollt jetzt wild durch alle meine Adern. Jetzt muss ich nicht mehr dran denken.
FranzWoran denn, du Trottelchen?
FelixAn die Räuberbande hier im Wald.
SchwartenmagenTut mir Leid, Leberle.
FelixHast du gehört, Franz!? Was war das?
FranzWas weiß ich? Eine Taube, der Wind im Gebüsch, vielleicht ein Wildschwein.
FelixRichtig, eine Taube.
FranzUnd noch eine Taube. Tauben gurren besonders häufig, wenn sie einen Täuberich suchen.
FelixDu, Franz!
FranzWas denn?
FelixMein Brot ist weg.
FranzWas?
FelixUnd meine Wurst ist auch weg!
FranzWie? Räuber?
FelixNein, ich selber. Seit zehn Stunden wandern wir durch diesen verdammten Wald, da sind Brot und Wurst verschwunden hier in meinem schwarzen Loch. - Hast du noch was zu essen?
FranzEin paar Würste und genau vier Äpfel, sonst nichts mehr.
FelixVielleicht doch lieber ein Stück Wurst.
SchwartenmagenRichtig!
FelixHast du das gehört? Das war aber keine Taube. Merkwürdige Vögel gibt es hier.
FranzUnd warum sollten wir zwei arme Schlucker Räuber fürchten? Was sollten Räuber uns schon rauben? Die paar Gulden, die ich gespart habe und meinen Zehrpfennig und den Sonntagsrock im Bündel, die mir der Geizhals von Meister dafür gegeben hat, dass ich ihm drei Jahre die Schweine geschlachtet und die Würste versalzen habe?
FelixAber mir, Franz, mir könnten sie etwas ganz Kostbares rauben.
FranzWas hat ein einfach Geselle, auch wenn er Goldschmied ist, schon Kostbares bei sich?
FelixDa schau her: Kostbare Perlen, in Gold gefasst.
FranzUnd was für ein schöner Beutel. Mich laust der Affe. Bist du vielleicht auch unter die Räuber gegangen?
FelixBlödsinn. Du wolltest eine Geschichte hören, jetzt erzähle ich dir eine, eine wahre. – Meine Mutter war Kammerzofe bei der Markgräfin von Brandenburg. Dann heiratete sie meinen Vater, einen Goldschmied, und als ich geboren wurde, da wurde die Gräfin meine Taufpatin. – Als ich sieben war, starben meine Eltern am Fleckfieber. Und ich, ja, ich war ganz allein.
FranzSoll ich weinen?
FelixScheinbar allein, denn die Gräfin sorgte für mich, bezahlte heimlich meine Erziehung bei einer lieben Familie, bezahlte meine Kleidung, mein Essen, meine Lehre, alles. Sonst wäre ich nicht Goldschmied, sondern Bettler, vielleicht auch Räuber, wer weiß. Und dann hat sie mir heimlich diese Perlen geschickt, als Notgroschen. Aber die brauche ich nicht. Ich habe die Goldfassungen geschmiedet und eine Kette draus gemacht, ganz alleine, und mein Meister hat gesagt, er hätte es auch nicht besser gekonnt. Schau her.
FranzGoldig! Wenn ich mal eine Leberwurst mit Goldfassung will, komme ich zu dir.
FelixUnd diese Perlenkette will ich der Gräfin jetzt schenken, heimlich, als Dank für alles.
FranzWarum denn alles heimlich?
FelixWeil ihr Mann von ihrer Güte und Freigiebigkeit nichts wissen darf. Es ist der Markgraf von Brandenburg, dem das ganze Kulmbacher Land ringsum und auch der Wald hier gehört. Er ist der größte Geizhals, Bauernleger, Menschenschinder, Blutegel der Armen, den die ganze Welt je gesehen hat.
LeberkäsWo er Recht hat, hat er Recht.
FelixEntweder verhungern seine Bauern oder sie gehen zu den Räubern.
SchwartenmagenWoher kennt der uns?
FelixWenn der wüsste, was seine Frau alles für mich getan hat, er würde sie ins finsterste Verließ werfen und dort verhungern und verdursten lassen.
LeberkäsUnd unser gemeinsamer Plan?
FelixEin unheimlicher Wald, hast du das Käuzchen auch gehört?
LeberkäsUnser Signal, die Kutschprinzessin kommt.
FelixWeiter geht es! Hier in der Nähe ist ein Wirtshaus, da können wir übernachten, im Wirtshaus im Spessart.
FranzIm Spessart? So weit ist es noch?
FelixNein, die Wirtin kommt vom Spessart und deswegen hat sie das Wirtshaus so genannt.
WirtinWas seid ihr denn für Gestalten? Bettler? Spitzbuben?
FelixWir sind ehrbahre Reisende - der Franz und der Felix - Gesellen auf Wanderschaft.
WirtinNa gut. Aber wehe, ihr benehmt euch nicht. Ich habe heute noch besondere Gäste. Hier habt ihr Bier und Brot, das muss reichen. Setzt euch da hinten hin.
FelixHabt Dank gnädigste Frau.
FelixFrau Wirtin, bitte noch einen Rotwein, - Für dich auch, Franz?
Wirtin... und jetzt ab in eure Zimmer!
FelixWir sind noch nicht müde.
FranzSeltsame Hundenamen.
FelixKnüppeldick heißt der General vom Markgraf von Brandenburg.
WirtinFranziska, ich habe Gäste.
FelixHallo!
FranziskaHallo. Aber ihr seid doch die beiden..
FelixIch bin der Felix.
WirtinFelix, Franz, sofort in eure Zimmer!
FelixEine ungehobelte Wirtin.
WirtinUnd wenn ihr in dieser Nacht etwas Merkwürdiges mitbekommt: zu keinem Menschen auch nur ein Sterbenswörtchen!
FelixWir werden schweigen wie ein Grab.
FranziskaEs muss sein. Gute Nacht.
FelixNacht.
FranzVerzeihen die hochwohlgeborenen Herrschaften.
FelixVerzeihen Sie, wenn wir Sie belauscht haben. Wir sind zwei Handwerksburschen, die hier übernachten wollten. Das ist der Franz, und ich bin der Felix.
FelicitasWelch wunderbarer Zufall. Ich bin Felicitas.
FelixFelicitas.
FranzHalt! Aus! Schluss! Felix und Felicitas, hart schlägt das Schicksal zu, ihr beide müsst euch sofort trennen!
FelixSpinnst du!?
FranzSehr gut! Felix, sie mich an!
FelixHast du eine Meise!?
FranzGanz einfach, wir tauschen die Kleider, und Felix und ich bleiben an Ihrer Stelle als Geiseln hier bei den Räubern.
FelixBei diesen Räubern habe ich keine Angst um meinen kostbaren Schatz.
FranzDie Barbaren bemerken doch nichts.
FelixUnd jetzt schnell die Kleider tauschen, bevor die Bande zurück kommt. Zwischen unseren beiden Zimmern ist eine Türe, ein Wink des Himmels. Und Sie, Prinzessin Christiane, schreiben noch schnell den Brief an Ihren reizenden Vater.
ChristianeNein, das können wir nicht annehmen, dass ihr beide für uns euer Leben aufs Spiel setzt.
FelixBei uns Männern ist nur das Leben bedroht, bei Euch Frauen noch ganz andere, sehr begehrenswerte und kostbare Schätze.
FranzUnd jetzt schnell die Kleider tauschen!
FelixFrau von Stöckli, bitte helfen Sie Franz und mir beim Umkleiden.
StöckliAber meine Herren, was denken Sie von mir!
FelixFranz, du hast doch noch Äpfel.
ChristianeWir haben doch keinen Schatz!
FelixHe ihr zwei Rübensäcke, was soll das Geschrei?!
FelixMeine werten Herren, verzeiht das kleine Missgeschick.
FranzHuuuuuch!
FelixHören Sie, ganz tief in den Keller.
SchwartenmagenEin Naturwunder.
FelixJa. Ja, viel Wunderbares haben wir an uns.
ChristianeDie Prinzessin wollte in Ruhe überlegen, und dann kommt ihr mit eurem Lärm.
FelixSie wissen wohl nicht, was ein richtiges Damenohr ist, wie empfindlich so ein Damenohr ist..
FranzDachte ich es doch, nur primitive Männerohren.
FelixDie lüstern jedem Lustschrei lauschen.
StöckliDie Weiber! - Nein, wie roh und ungeschlidden! Da müsst ihr aber noch viel lernen.
FelixNun, schon gut, Frau von Stöckli, jeder kann ja mal aus der Rolle fallen.
SchwartenmagenAber wegen einem Apfel muss man sich doch nicht schämen.
FelixVerzeihen Sie, dass ich unterbreche, was tragen die Herren denn da in den Händen?
StöckliPuff! Nein, wie aufregend.
FelixFrau von Stöckli, nein, wie ordinär!
FranzUnd wenn wir Frauen wollen..
FelixDann schießen die Räuberpistölchen in die Luft!
FranzIhr verhutzelten Maikäfer, lasst euch hier nicht mehr blicken!
FelixSonst geht euch der Arsch auf Grundeis!
StöckliChristiane und Felicitas, ich muss doch sehr bitten!
FelixOh, Entschuldigung!
FranzChristiane, schauen Sie, haben Sie jemals ein Mädchen so zauberhaft putzen sehen?
FelixKarl, angesichts der Übermacht Ihrer barbarischer Horden müssen wir uns fügen.
KarlZur Sache jetzt: Christiane, wo ist der Brief?
FelixWelcher Brief denn?
FranzDer Brief an das liebe Väterchen, Christiane, den sie vorhin geschrieben haben.
FelixIch habe einen Brief geschrieben? Aber klar, natürlich, ihr meit den Brief an mein liebes Väterchen? Felicitas!
FranzGib her, ich lese vor. – Verehrter Vater, wir sind Gefangene von Räubern, die zu allem entschlossen sind. Geben Sie dem Überbringer dieses Briefes 20 000 Gulden, oder wir müssen alle sterben. Deine Tochter, Christiane von Brandenburg. Alles klar?
FelixSo muss ich also sterben. Und gerade jetzt hätte ich so viel erleben können.
KarlNiemand muss sterben.
FelixLügner! Wir müssen alle sterben. (fällt hin) Nein!! Kein Apfelbrei!
FranzEin Apfelbreitrauma, verstehen Sie?
FelixSei still, Felicitas, rühre nicht an diese Wunde, nie wieder ein Wort davon.
FranziskaPrinzesschen, ruhig bleiben! Es geschieht Ihnen doch nichts. Sobald Ihr Water bezahlt, sind Sie alle frei.
FelixIch kenne ihn doch, mein Vater zahlt nie und nimmer.
WirtinUnd wenn ihr Burschen nicht zurückkommt, dann sind die Damen einen Kopf kürzer, so wie ich die Räuber kenne.
FelixKarl, wie tief habe ich mich in Ihnen getäuscht. Diese Drohung mit der kopflosen Brutalität hier bricht mir schier das Herz.
KarlChristiane, das sind doch nur leere Worte, die nichts bedeuten.
FelixKarl, Ihnen sollen wir vertrauen? Ihnen, der Sie uns so abscheulich überfallen haben. Ihnen.. Sie Halsabschneider! Kopfabschneider! Herzabschneider!
KarlVertrauen Sie mir doch! Lesen Sie meine Aufrichtigkeit in meinen Augen.
FelixIn ihren Augen?! Kommen Sie mir nicht zu nahe!
ChristianeAuf geht es!
FelixFelix, du hast deinen Beutel vergessen!
ChristianeWo denn?
FelixNicht da, Felix, drin im Zimmer.
FelicitasEin Kuss von einem Mädchen? Wenn es denn sein muss.
FelixAch, Karl, wenn man die beiden sieht...
KarlWeiß ich, was ich zu tun habe.
FelixDenke an meinen Knüppeldick!
KarlAuua!
FelixWenn wilde Leidenschaften sinnlos walten, kann ich nicht länger an mich halten!
KarlAber Christiane, ich verstehe Sie einfach nicht. Vorhin im Wirtshaus, da zeigten Sie mir doch..
FelixIch soll ihnen was gezeigt haben? Ja, was habe ich Ihnen denn gezeigt? Nie und nimmer!
KarlAber Sie zeigten mir doch..
FelixWas denn? Äpfelchen vielleicht?
KarlChristiane, ich kenne Sie nicht wieder. Sie wissen gar nicht, wer ich in Wirklichkeit bin.
FelixUnd ich will es auch gar nicht wissen, sonst wollen Sie noch von mir wissen, wer ich in Wirklichkeit bin.
KarlLiebste Christiane, das weiß ich doch schon lange.
FelixWas Ihnen ihre Augen sagen, das kann ein Trugbild sein.
KarlSie sprechen in Rätseln, Christiane.
FelixIhre Augen, mein Herr, sehen nur das, was ihr Herz zu sehen wünscht.
KarlDann lassen Sie doch meine Lippen sagen, was mein Herz so sehnlich wünscht.
FelixDer Spruch ist gut, den muss ich mir merken.
KarlWas?
FelixAch nichts, nichts.
KarlOh, Christiane.
FelixKarl, zerstören Sie den Zauber dieser Stunde nicht durch hemmungslose Leidenschaft.
KarlChristiane, ich muss Ihnen etwas ganz Wichtiges sagen. Jetzt bleiben Sie doch mal stehen!
FelixWarum?
KarlChristiane, als wir uns das erste Mal gesehen haben, da hat mein Herz gewusst, dass wir füreinander bestimmt sind, und mein Herz kann nicht lügen.
FelixWir zwei sind füreinander bestimmt?
KarlJa, Christiane, ja!
FelixNein, Karl, da irrt Ihr kleines Herzchen.
KarlChristiane, als wir uns das erste Mal gesehen haben, da hat mein Herz gewusst, dass wir füreinander bestimmt sind, und mein Herz kann nicht lügen.
FelixJa, sicher viele, viele Kilometer.
KarlChristiane, sei wieder die, die du vorher warst, komm zurück.
FelixNoch ist die Zeit nicht gekommen, Karl.
KarlOh, Christiane.
FelixOh Karl, noch nicht.
FranzUnd ich – bin ich denn wirklich die Felicitas?
FelixKarl, schau, wie zärtlich Felicitas ist.
KarlArmes Mädchen, mit einem Mädchen.
FelixGlückliches Mädchen, mit einem Mädchen. – Und du bist nur ein Mann!
KarlIch bin nur ein Mann? – Ach, so ist das! – Jetzt verstehe ich alles, Christiane.
FelixKarl, du verstehst nur die Hälfte, aber so ist das.
KarlVerdammt noch mal, gibt es etwas Sinnloseres auf der Welt, als Wäsche zu waschen und aufzuhängen?
FelixOh ja, Karl, deine Sehnsüchte an mir aufzuhängen, das ist noch sinnloser.
KarlChristiane, ist es denkbar, dass das Apfelmustrauma Ursache ist für deine blitzartigen Gefühlswechsel von Mann zu Frau?
FelixDas kann sein, sicher, aber ich kann jetzt nicht darüber reden.
KarlChristiane, das ist doch nicht möglich! Ich kann mich doch nicht so täuschen! Als ich Sie im Wirtshaus sah, da zeigten Sie mir doch, trotz des sehr verständlichen Ärgers, dass auch ich Ihnen nicht gleichgültig bin.
FelixDa sehen Sie mal, wie schnell sich ein Mensch verwandeln kann. Aus rumdididum wird – hudriwusch – ramdididam.
KarlIst es das Apfelmustrauma, Christiane?
FelixJa, Karl, das ist der tiefere Grund, und wenn das geheilt ist, sollst du mich wirklich kennen lernen.
KarlWir müssen einfach Geduld haben und warten.
FelixDas Warten fällt so schwer.
KarlFranz und Felix! Seid ihr vollkommen übergeschnappt!?
FelixNein, Hauptmann.
LeberkäsUnser Bauernhof! Auf geht es!
FelixUnd das Apfelmustrauma ist geheilt. Felicitas
KarlSchwartenmagen, Leberkäs, geht sofort und verstärkt die Wachen!
FelixDoch den Beutel lasst hier!
SchwartenmagenUnser Bauernhof.
FelixHer damit!
FelicitasWir wollen, dass er eine Lehre erhält, die ihn vielleicht noch bessert.
FelixUnd welche Räuberei führt Ihr Vater jetzt im Schilde?
GrafWir kämpfen nur noch auf dem Schlachtfeld des Schachspiels.
FelixFrau Gräfin, kennen Sie mich noch?
ChristianeSpäter, Mutter, das ist eine lange Geschichte.
FelixFrau Gräfin, darf ich Ihnen das hier überreichen?
GräfinGanz still sein, verstanden!
FelixJa, das sind die Perlen, und jetzt sind sie in Gold gefasst.
GräfinDann bist du der Felix.
FelixDer bin ich, und die goldgefassten Perlen möchte ich Ihnen schenken.
SchwartenmagenNein!
FelixAls Dank für alles, was Sie für mich getan haben.
GräfinOh, Felix, wie kann ich dir nur danken?
FelixIndem Sie mir Ihre Einwilligung geben, Felicitas heiraten zu dürfen.